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Sebastian Herkner. Foto: Gaby Gerster

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gespräch mit dem in Offenbach lebenden, 37-jährige Designer Sebastian Herkner auf der imm cologne am Stand des Möbelherstellers Thonet.

 

Du wast schon sehr jung erfolgreich. Was ist dein Erfolgsgeheimnis?

Arbeit, Arbeit, Arbeit! In Baden Württemberg, wo ich herkomme, heißt es: „Schaffe, schaffe Häusle baue!“. Ich arbeite auch am Wochenende, Urlaub mache ich zwei Wochen im Jahr – das war’s. Zwar habe ich ein kleines Team von Assistenten, trotzdem bin ich auch Buchhaltung, PR, Facility-Management.

Wie hat alles angefangen?

Der Bell Table war für mich ein Schlüsselprodukt. Der wird in diesem Jahr genau zehn Jahre alt. Ich war drei Jahre auf dem Salone Satellite in Mailand und keiner wollte den Tisch haben. Dann hat Oliver Holy von Classicon den Tisch in einem Magazin entdeckt. Das größte Problem war in dieser Zeit für mich eine Firma zu finden, die den Mut hatte, den Tisch zu produzieren. Damals waren Glas und Messing als Materialien im Design absolut nicht gefragt. Auch war die Debatte um Nachhaltigkeit und Echtheit noch nicht so richtig in Gang gekommen. Jetzt sieht man überall auf der Messe Marmor, Glas oder Messing.

 

SebastianHerkner: Bell Table. Foto: Hassos / classicon

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Also war es nicht so sehr die Machbarkeit, die der Produktion des Bell Table im Wege stand?

Die Produktion war nicht das Problem. Auch bei Classicon gab es anfangs Vorbehalte. Die fühlten sich noch sehr den Möbeln von Eileen Gray aus Stahl und Chrom verpflichtet und fragten sich, warum sollen wir jetzt mit goldfarbenem Messing arbeiten. Classicon hat sich dann aber getraut, was Neues zu machen. Heute ist der Bell Table ein wahnsinnig erfolgreiches Produkt. Es braucht vor allem bei den Herstellern den Mut, was neues zu wagen. Ich arbeite gerade mit dem Polstermöbelspezialisten Wittman aus Österreich zusammen. Die waren ein bißchen altbacken geworden. Dann kam ein neuer Geschäftsführer,. Der wagte es, dass bestehende Programm komplett umzudrehen und mit Designern wie Jamie Hayon aus Spanien zu arbeiten. Jetzt haben sie einen wahnsinnigen Aufwind. Ein Vision und eine eigene Idee zu haben, das ist wichtig.

Warum hast du dich denn überhaupt dafür entschieden, mit diesen damals im Design ungewöhnlichen, echten Materialien zu arbeiten?

Ich habe in Offenbach studiert. Das ist traditionell die deutsche Lederstadt, aber dort wird heute nichts mehr produziert. Während meines Studiums habe ich gemerkt, die Stadt hat dadurch ihre Identität verloren. Man identifiziert sich oft in einem Ort mit einer Herstellungstechnik, einem Material oder einer großen Firma. Das gibt es heute In Offenbach so nicht mehr. Ich wollte wissen, was ist denn die Bedeutung des Handwerks. So kam ich auf traditionelle, handwerklich gefertigte Materialien wie Glas und Messing.

Legst du bei deiner Arbeit auch selber Hand an?

Ich habe keine direkte Ausbildung als Handwerker, aber das Studium hat auch einen großen praktischen Anteil. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und von Zuhause aus mit zwei rechten Händen erzogen. Da ist man es gewohnt, viel selber zu machen. Für mich ist es als Designer sehr wichtig, wie das Material beschaffen ist, wie fühlt es sich an, wie lässt es sich verformen. Ich sehe mich dabei aber nicht als Experten. Dafür gibt es bei den Firmen, die vielen großartigen Spezialisten, zum Beispiel fürs Holzbiegen bei Thonet, Flechten bei Dedon oder Polstern bei Wittmann.

Diese Spezialisten werden aber immer weniger.

Ja, das stimmt. Weil sich eine junge Generation nicht mehr so sehr für das Handwerk interessiert. Das Handwerk hat leider nicht viel Romantik zu bieten, sondern besteht aus harter, schmutziger und körperlich anstrengender Arbeit. Das bekomme ich mit bei den Glasbläsern. Die haben sogar sehr gute Gehälter. Aber das reicht den Leuten heute anscheinend nicht aus. Dabei machen sie einen wahnsinnig guten Job. Ohne Handwerk würde man hier auf der Messe fast nichts sehen.

Wie kam es zu dem Stuhlentwurf für Thonet, die in diesem Jahr ihr 200-jähriges Firmenjubiläum feiern?

Norbert Ruf, der jetzt für Produktentwicklung bei Thonet zuständig ist, kannte ich von meiner Arbeit für Dedon. Da haben wir sehr erfolgreich über drei Jahre zusammen gearbeitet. Norbert hat mich angefragt, ob ich mir vorstellen könnte für Thonet einen neuen Holzstuhl zu entwerfen. Er wußte, dass ich interessiert bin an einer Qualität wie sie Thonet sie in der Fertigung bieten kann. Bei meinem Stuhl war die Idee, den Frankfurter Stuhl neu zu denken. Wir wollten einen ehrlichen Stuhl zu einem guten Preis produzieren, damit wir mit den derzeit so erfolgreichen Marken aus Skandinavien in Konkurrenz treten können.

 

 

Sebastian Herkner: Stuhl 118, Thonet

Sebastian Herkner: Stuhl 118, Thonet. Foto: Thonet

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Thonet steht wie kein anderes Unternehmen für das Bauhaus, das Thema in diesem Jahr überhaupt. Welche Bedeutung hat das Bauhaus für dich heute?

Das Bauhaus ist nach dem ersten Weltkrieg und als reduzierte Designsprache nach eher dekorativen Epochen des Art Deco oder des Jugendstils entstanden. Bauhaus steht sicherlich für eine gewisse Zeit, aber es gibt auch Werte und Vorstellungen, die nach wie vor ihre Gültigkeit haben. Die Ansätze mit Stahlrohr zu arbeiten, waren bahnbrechend. Ich finde die Arbeiten von Anni Albers, die mit Farben und Textilien experimentiert hat, sehr interessant. Das Bauhaus hat sehr viel mit Farbe gearbeitet, das hat man lange Zeit etwas vergessen. Im Bauhaus wurden Leder, Stahlrohr, Textil oder Geflecht verwendet. Den Wert solcher echten Materialien, den wir heute wieder entdecken, den gab es schon damals.

Das Bauhaus hatte auch einen sozialpolitischen Anspruch. Gibt es so etwas heute noch im Design?

Wir haben heute eine Bewegung, die verantwortungsvoller ist. Ich glaube, die jüngere Generation, die noch jünger ist als ich, kauft bewußter ein. Bei mir gab es noch „Geiz ist geil“, was fatal war und bei vielen hängen geblieben ist. Wir müssen das aus den Köpfen raus kriegen. Jeder sollte bewußter einkaufen: lieber nur einmal in der Woche ein gutes Stück Fleisch auf dem Wochenmarkt, das Gemüse vom Bauern nebenan. Wir sollten sparen, um gute Produkte zu kaufen, die uns unserer ganzes Leben begleiten. Dabei echtes Material verwenden, was gut altert, was auch eine Patina bekommt und auch einen Kratzer überlebt.

Du hast als Designer bereits sehr viel erreicht. Gibt es noch einen Wunsch für die Zukunft?

Erstmal bin ich wahnsinnig dankbar. ich genieße das Privileg, sehr viel zu reisen, auch in weniger bekannte Ländern, wie Taiwan, Simbabwe oder Kolumbien. Dort komme ich nicht nur im Reisebus in Kontakt mit den Menschen, sondern entwickele mit denen vor Ort Produkte. Die Offenheit und Neugier, die mich hier antreibt, die möchte ich auch in Zukunft nicht verlieren. Ich war gerade in Asien unterwegs, auch auf Messen. Da gibt es jetzt eine wahnsinnig große Begeisterung für europäisches Design. Die möchten nicht nur unsere Autos und iPhones haben, sondern auch so Wohnen wie wir. Da sehe ich in den nächsten Jahre viel Potential für Architekten und Designer.

 

Sebstian Herkner: Bask, Sofa Coat, moroso

Sebstian Herkner: Bask, Sofa Coat. Foto: moroso

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: bask, moroso

Sebastian Herkner: bask, moroso. Foto: moroso

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Stuhl 118, Thonet. Foto: Thonet

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Mervyn Chair + Table, Wittmann. Foto: Wittmann

Sebastian Herkner: Mervyn Chair + Table, Wittmann. Foto: Wittmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Pipe Chair, moroso. Foto: moroso

Sebastian Herkner: Pipe Chair, moroso. Foto: moroso

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Pipe Chair, moroso. Foto: moroso

Sebastian Herkner: Pipe Chair, moroso. Foto: moroso

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Miles Pouflounge, Wittmann.

Sebastian Herkner: Miles Pouflounge, Wittmann. Foto: Wittmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sebastian Herkner: Stellar, pulpo.

Sebastian Herkner: Stellar, pulpo. Foto: Pulpo